Bahai (arabisch بهائي bahāʾī) nennen sich die Mitglieder einer weltweit verbreiteten Religion (auch Bahaismus oder Bahaitum genannt), die im 19. Jahrhundert von dem aus Persien stammenden Baha’u’llah gestiftet wurde. Die rund 7,7 Mio. Anhänger leben vor allem in Indien, dem Iran, in Schwarzafrika, Südamerika und den USA. Im Mittelpunkt der Lehre steht der Glaube an einen transzendenten Gott, die mystische Einheit der Religionen und die Einheit der Menschheit.
Die Geschichte der Bahai-Gemeinde geht auf das Wirken zweier Stiftergestalten zurück: Sayyid Ali Muhammad (1819-1850), genannt „der Bab“ (arab. „das Tor“), und Mirza Husayn Ali Nuri (1817-1892), genannt „Baha’u’llah“ (arab. „Herrlichkeit Gottes“). Der eigentliche Stifter ist Baha’u’llah. Der Bab wird von den Bahai als dessen Wegbereiter und zugleich als eigenständiger Religionsstifter des Babismus betrachtet.
2007 bekannten sich rund 7,7 Millionen Menschen zum Bahai-Glauben. Demographen der Bahai-Gemeinde zählen nur offiziell registrierte Mitglieder und kommen aufgrund vorsichtiger Schätzungen auf rund fünf Millionen weltweit. Nach Angaben der Bahá’í International Community stammen die Bahai aus 2112 ethnischen Gruppen und leben vor allem in Indien, dem Iran, in Schwarzafrika und Südamerika. In Indien gibt es mit ungefähr 2,2 Millionen Mitgliedern die größte Bahai-Gemeinde der Welt. Die größte Bahai-Gemeinde der westlichen Industriestaaten ist mit rund 818.000 Mitgliedern jene der USA. Im historisch eng mit dem Bahai-Glauben verbundenen Iran leben heute noch rund 460.000 Bahai, deren Grundrechte stark eingeschränkt sind. In Bezug auf die Bevölkerungszahl sind die Bahai-Gemeinden meist sehr klein, fast überall liegen sie unter einem Promille. In Bolivien und einigen Inselstaaten wie Kiribati erreichen sie mehrere Prozent.
In Deutschland leben seit 1905 Bahai. Momentan sind es rund 12.000, die offiziellen Angaben der Bahai in Deutschland sprechen jedoch nur von rund 5000. Ihr Gemeindezentrum mit dem ersten Europäischen Haus der Andacht befindet sich in Hofheim am Taunus und gilt als lokale Sehenswürdigkeit. Dort werden im Bahai-Verlag deutsche Übersetzungen der Bahai-Schriften herausgegeben. Insgesamt wurden sie in mehr als 800 Sprachen übersetzt. Durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Bahai-Beschluss) erlangte die Gemeinschaft in der deutschen Rechtswissenschaft einige Bekanntheit. In Österreich und der Schweiz leben jeweils rund 3700 Bahai.
Die Bahai besitzen in den zahlreichen Originalschriften ihres Religionsstifters Baha’u’llah eine eigene zentrale Offenbarungsquelle. Neben dem Heiligsten Buch und dem Buch der Gewissheit sind die mystischen Schriften (wie Die Sieben Täler oder die Verborgenen Worte) für die Gläubigen von großer Bedeutung.
Nach dem Glauben der Bahai steht der Mensch von allen Schöpfungswerken Gott am nächsten, da er mit einem freien Willen, einer unsterblichen Seele und der Fähigkeit ausgestattet wurde – mit der Hilfe seines Verstandes – Gott zu erkennen und einen Bund mit ihm einzugehen. Das Leben im Diesseits wie im Jenseits wird demnach als eine kontinuierliche mystische Reise zu Gott betrachtet. Himmel und Hölle sind für die Bahai nur Symbole für die Nähe oder Ferne zu Gott. Eine gewisse „Einheit“ mit Gott kann der Mensch bereits zu Lebzeiten erlangen. Das Leben in dieser Welt ist dazu bestimmt, geistige Fähigkeiten zu entwickeln, die für das Leben im Jenseits benötigt werden. Als geistige Fähigkeiten gelten Tugenden wie die Nächstenliebe, Dankbarkeit, Vertrauenswürdigkeit, Gottvertrauen, Demut und Geduld. Selbstkasteiung, „Einsiedelei und harte Askese“ werden ebenso abgelehnt wie ein hedonistisches Leben im Überfluss. Baha’u’llah empfiehlt, das „rechte Maß“ zu halten, und sieht im „Dienst am ganzen Menschengeschlecht“ das Kriterium wahren Menschseins. Gesellschaftliches Engagement und soziale Verantwortung, die aktive Gestaltung der Welt, wird als natürliche Folge individueller Spiritualität betrachtet und ist von dieser nicht zu trennen. Bettelei und die Beichte ist den Bahai verboten, da dies als Erniedrigung des Menschen vor anderen Menschen gilt.
Auch wenn die menschliche Vernunft allein nach den Lehren der Bahai in die Irre führt, so wird ihr trotzdem eine große Bedeutung zugemessen. Baha’u’llah verbietet den Bahai im Kitab-i-Aqdas, Dinge zu konsumieren, welche sie ihres Verstandes berauben, es sei denn, es ist medizinisch notwendig. Wie an anderer Stelle erläutert wird, sind damit auch Glücksspiel, alkoholische Getränke und Drogen gemeint. Die Bahai verstehen sich als vernunfts- und wissenschaftsgemäß.
Schöpferischer Antrieb und Ursache allen Seins sei die göttliche Liebe. Als wichtigstes Element von Religion bezeichnete Abdu’l Baha die Nächstenliebe. Religion, die zu Zwietracht führt, verfehle ihren Zweck und es sei besser ohne sie zu leben. Das Wesen des Menschen sei seine unsterbliche Seele, die keine trennenden Merkmale der Rasse oder des Geschlechts trägt. Der Körper wird als der Tempel des Menschen bezeichnet, dem ebenfalls Wertschätzung entgegengebracht wird, was sich in den Reinheits- und Hygienegeboten Baha’u’llahs, aber beispielsweise auch im Verbot der Feuerbestattung zeigt.