Als Religion bezeichnet man eine Vielzahl unterschiedlicher kultureller Phänomene, die menschliches Verhalten, Handeln und Denken prägen und Wertvorstellungen normativ beeinflussen. Es gibt keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Definition des Begriffs Religion.
Religiöse Weltanschauungen und Sinngebungssysteme stehen in langen Traditionen und beziehen sich zumeist auf übernatürliche Vorstellungen. So gehen viele, aber nicht alle Religionen von der Existenz eines oder mehrerer persönlicher oder unpersönlicher über-weltlicher Wesen (z. B. einer Gottheit oder von Geistern) oder Prinzipien (z. B. Dao, Dhamma) aus und machen Aussagen über die Herkunft und Zukunft des Menschen, etwa über das Nirvana oder Jenseits. Sehr viele Religionen weisen gemeinsame Elemente auf, wie die Kommunikation mit transzendenten Wesen im Rahmen von Heilslehren, Symbolsystemen, Kulten und Ritualen.
Alltagssprachlich werden – vor allem im christlichen Kontext – die Ausdrücke „Religion“, „Religiosität“ und religiöser „Glaube“ oft gleichbedeutend verwendet. Zahlreiche Religionen sind als Institutionen organisiert, dabei kann in vielen, aber nicht allen Fällen auch von einer Religionsgemeinschaft gesprochen werden. Einige Religionen beruhen auf philosophischen Systemen im weitesten Sinne oder haben solche rezipiert. Einige sind stärker politisch, teils sogar theokratisch orientiert. Einige legen starken Wert auf spirituelle Aspekte, andere weniger. Eine klare Abgrenzung ist nicht möglich, Überschneidungen finden sich in nahezu allen Religionen und insbesondere bei deren Rezeption und Ausübung durch einzelne Menschen.
Die weltweit größten Religionen nach Anhängerzahl sind: Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Daoismus, Sikhismus, Judentum, Bahai, Konfuzianismus und Shintō (siehe auch → Weltreligion und die Liste der Religionen der Welt).
Mit der wissenschaftlichen Erforschung von Religionen und Religiosität befassen sich besonders die Religionswissenschaft, die Religionsgeschichte, die Religionssoziologie, die Religionsethnologie, die Religionsphänomenologie, die Religionspsychologie und die Religionsphilosophie sowie in vielen Fällen Teilgebiete der jeweiligen Theologie.
Das Wort religio hatte im Lateinischen verschiedene Bedeutungen: „Gottesfurcht“, „Frömmigkeit“, „Heiligkeit“, aber auch „Rücksicht“, „Bedenken“, „Skrupel“, „Pflicht“, „Gewissenhaftigkeit“ oder „Aberglaube“. Die Etymologie des Begriffs lässt sich nicht mit Sicherheit bis zu seinem Ursprung zurückverfolgen. Religio ist kein Terminus altrömischer Religion. Die frühesten Belege für die Verwendung dieses Ausdrucks finden sich erst in den Komödien des Plautus (ca. 250–184 v. Chr.) und in den politischen Reden des Cato (234–149 v. Chr.).
Nach Cicero (1. Jh. v. Chr.) geht religio auf relegere zurück, was wörtlich „wieder auflesen, wieder aufsammeln, wieder aufwickeln“, im übertragenen Sinn „bedenken, achtgeben“ bedeutet. Cicero dachte dabei an den Tempelkult, den es sorgsam zu beachten galt. Dieser religio (gewissenhafte Einhaltung überlieferter Regeln) stellte er superstitio (nach der ursprünglichen Bedeutung Ekstase) als eine übertriebene Form von Religiosität (tagelanges Beten und Opfern) gegenüber. Auch bei der Entlehnung ins Deutsche im 16. Jahrhundert wird Religion zunächst in diesem Sinne verwandt, nämlich zur Bezeichnung amtskirchlicher Bibelauslegung und Kultpraxis und ihrer Abgrenzung gegenüber sogenanntem Aberglauben.
Zu Beginn des 4. Jahrhunderts führte der christliche Apologet Lactantius dagegen das Wort religio auf religare = „an-, zurückbinden“ zurück, wobei er sich polemisch mit Ciceros Auffassung über den Unterschied von religio und superstitio auseinandersetzte. Er meinte, es handle sich um ein „Band der Frömmigkeit“, das den Gläubigen an Gott binde.
Der Terminus religio bzw. religiosus wurde im Mittelalter vor allem für den Ordensstand benutzt. Diese Bedeutung hat der Begriff bis heute im römisch-katholischen Kirchenrecht. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren zur Bezeichnung der Gesamtheit des Religiösen die Ausdrücke fides (Glaube), lex (Gesetz) und secta (Richtung, Partei) gebräuchlich. „Religion“ bezeichnete zunächst Lehren, die je nach Auffassung für richtig oder falsch gehalten wurden. Erst nach der Reformation, vor allem im Zeitalter der Aufklärung wurde ein abstrakterer „Religions“-Begriff geprägt, auf den die gegenwärtigen Definitionsansätze zurückgehen.
In den meisten außereuropäischen Sprachen fanden sich bis zum 19. Jahrhundert keine genauen Übersetzungen des Wortes Religion, häufig wurde das Phänomen mit mehreren Begriffen umschrieben, oder es wurde relativ spät ein neuer Begriff geprägt. Dies trifft beispielsweise auf den Ausdruck Hinduismus zu, dessen Bedeutung einem mehrmaligen Wandel unterlag.
Neuerdings hat der Religions- und Sprachwissenschaftler Axel Bergmann eine andere Etymologie vorgeschlagen und eingehend begründet. Seiner Auffassung nach kann in dem Wort nicht das Präfix re- („zurück“, „wieder“) stecken, sondern es hieß ursprünglich altlateinisch rem ligere = eine „Sache“ (gemeint: ein Vorhaben) „binden“ (= mit Skrupel oder Skepsis betrachten und wegen dieser Bedenken zögern und davor zurückschrecken). Dieser Ausdruck der Alltagssprache wurde auch speziell auf religiöse Skrupel bezogen und dann auf den gesamten Bereich des Religiösen ausgedehnt.